
Investoren in Wartestellung: Wann hellt sich die Stimmung auf?
Auch wenn einige größere Finanzierungsrunden in den letzten Tagen und Wochen für Aufmerksamkeit gesorgt haben (Nuclidium, Actithera...) und auch große Firmenübernahmen von Pharma europäische und globale Schlagzeilen machen – wie die Übernahme von Verona Pharma (UK) durch die US-Merck –, bleibt die Stimmung spürbar weit weg von Jubelgeschrei und Euphorie. Analysten sprechen sich und anderen Mut zu, dass in der zweiten Jahreshälfte sich alles zum Besseren wenden werde. Investoren blicken daher zwar interessiert auf die Präsentationen von Start-ups wie auf dem IZB-Investor-Day, doch eigentlich verfahren sie in diesen unsicheren Zeiten nach dem altbekannten Motto: Abwarten und Tee trinken.
Rune Sand-Holm, Portfoliomanager bei DNB Asset Management hat sich kürzlich mit einem Kommentar hervorgewagt und ein wenig sibyllinisch geäußert: „Wir rechnen mit einer Neubewertung des Biotech-Sektors“. Ob man das nun positiv oder negativ bewerten will, und eine solche Neubewertung einen Höhenflug oder den Absturz umschreibt, bleibt damit der Gemütslage des Betrachters überlassen. Laut Sand-Holm hinkte der Biotechnologiesektor im bisherigen Jahresverlauf 2025 dem breiteren Aktienmarkt hinterher – insbesondere Small- und Mid-Cap-Werte standen unter Druck. Dennoch mehren sich seiner Ansicht nach die Zeichen für eine Wende. „Wir sehen erste Anzeichen einer Stimmungsaufhellung – niedrigere Bewertungen, stabile Fundamentaldaten und eine Belebung der M&A-Aktivitäten sprechen für eine Neubewertung“, meint der Analyst.
Auch das Finanzierungsumfeld stabilisiert sich laut Sand-Holm zunehmend – besonders für Unternehmen mit klarer Differenzierung oder bevorstehenden klinischen Katalysatoren. In einem Umfeld mit weniger makroökonomischer Unsicherheit und klarerer politischer Linie in den USA eröffnen sich neue Chancen – vor allem für innovationsgetriebene Mid-Caps, prophezeit er, doch davon kann im Augenblick noch keine Rede sein und die Hoffnung klingt ein wenig nach dem berühmten Pfeifen im Walde. Denn die Unsicherheit ist spürbar, gerade in den Innovations-Hubs und -Zentren der Republik, wo man bei kleineren und größeren Netzwerktreffen nur Schilderungen zu hören bekommt, wie schwierig oder gar unmöglich es ist, in diesen Zeiten externe Finanzierungen ins junge Unternehmen zu holen.
Auf dem Börsenparkett selbst konnten sich auch nur wenige wirklich gut behaupten. Während Large-Caps wie Gilead und Amgen das erste Halbjahr dominierten, erwartet DNB künftig „selektive Chancen“ auch bei europäischen Titeln. Ausdrücklich sagt Sand-Holm: „Wir halten Unternehmen wie UCB und Argenx für gut positioniert, um in der zweiten Jahreshälfte wieder an Wert zu gewinnen.“ Er gibt jedoch auch zu, dass „der Biotech-Markt ein Feld für Stock-Picker bleibt.“ Gute, differenzierte Wissenschaft, klinische Meilensteine und strategische Ausrichtung werden die Kursentwicklung bestimmen.
Investorentreffen in Martinsried
Beim 10. HTGF-Pitch-Day im Martinsrieder Innovationszentrum wurde die Phase vor einem möglichen Börsengang genauer beleuchtet und die zehn ausgewählten Start-ups aus dem deutschsprachigen Raum (auch aus Basel und Zürich aus der Schweiz angereist) taten ihr Bestes, um die differenzierte Wisenschaft deutlich zu machen. Manche davon sind noch sehr früh unterwegs und daher mit kleinerem Finanzierungsbedarf für den nächsten Schritt, doch andere hatten auch Wunschsummen von 30 bis 60 Mio. Euro auf ihren Folien stehen, weil die klinische Entwicklung solch höhere Kosten aufruft. Insgesamt hatten die präsentierenden Unternehmen, von denen sich einige noch vor der offiziellen Gründung befanden, den Aufruf an die zahlreichen internationalen Investoren und VC-Gesellschaften mitgebracht, rund 200 Mio. Euro Finanzmittel für die weiteren Entwicklungen bereitzustellen. Ob und wieviel sich von dieser Wunschliste und mit welchem Zeithorizont realisieren wird, bleibt abzuwarten, denn im Gespräch gaben einige der Investoren zu, dass sie eigentlich derzeit das Geld zusammenhalten, außer es ergibt sich eine ganz spezielle Gelegenheit, in einem größeren Konsortium das Risiko zu verteilen aber auch in einer mit guten Daten unterlegten Phase in ein Unternehmen einzusteigen.
Diese abwartende Haltung hielt jedoch die Teilnehmer nicht davon ab, sich intensiv auszutauschen. „Mit dem 10. Life Science Pitch Day haben wir dieses Jahr – neben unserem 30-jährigen Bestehen – nicht nur ein weiteres Jubiläum am IZB gefeiert, sondern auch gezeigt, wie wichtig Martinsried als Standort für biowissenschaftliche Innovationen ist. Dieses Event bietet innovativen Start-ups eine Bühne und den direkten Zugang zu führenden Investoren“, kommentierte Christian Gnam, Geschäftsführer des IZB. Er konnte sich in seiner Einführung darüber freuen, dass im vergangenen Jahr der Großteil der Biotech-Finanzierungen in Deutschland in Münchner Unternehmen hineingeflossen ist, etwa 70% des Gesamtvolumens. Doch dies hat sich auf nur wenige Unternehmen verteilt, während viele weitere gerade in den ersten Monaten des laufenden Jahres auch in dieser Region durchaus Schwierigkeiten haben, neue Gelder hereinzuholen.
Damit wollten es die Mitveranstalter Dr. Achim Plum (Managing Director, HTGF), Ingo Klöckner (Head of Portfolio Strategy & Reporting, Leaps by Bayer) und Dr. Sebastian Kreuz (Executive Director, BI Venture Fund) unter Moderation von Dr. Laura Pedroza (Senior Investment Manager, HTGF) jedoch nicht bewenden lassen, sondern mit den Kurzpräsentationen sollte ein neues Interesse bei der Gruppe von über 80 renommierten Investoren und Experten aus der Life-Science-Branche geweckt werden. In der großen Bandbreite der dargestellten technologischen Ansätze über viele ganz verschiedene Indikationsgebiete gelang dies nach eigener Beobachtung durchaus.
„Der Life Science Pitch Day 2025 hat einmal mehr gezeigt, wie viel Innovationskraft in der Szene steckt. Die vorgestellten Technologien und Ideen machen optimistisch und neugierig auf eine neue Generation medizinischer Durchbrüche“, freute sich denn auch Sebastian Kreuz, Boehringer Ingelheim Venture Fund. Und der weitere Vertreter eine großen deutschen Corporate Ventures ergänzte: „Ein inspirierender Tag mit visionären Gründern, starken Partnern und spannenden Gesprächen und viel Zeit fürs Networking. Beim zehnten Mal ist der Pitch Day längst ein fester, wichtiger Termin für die Life-Science-Community geworden“, erklärt Ingo Klöckner, Leaps by Bayer.
Folgende Projektteams präsentierten ihre innovative Forschung am 10. Münchner Life Science Pitch Day:
1. Toleris Biotherapeutics (Würzburg)
2. Tacalyx (Berlin)
3. RN.AI Therapeutics (München)
4. PHAME Therapeutics (Gründungsort noch offen)
5. Dimericon Therapeutics (Zürich)
6. Mighto Therapeutics (Gründungsort noch offen)
7. Synendos Therapeutics (Basel)
8. ARI-tx (München)
9. Dense Immune (Mainz)
10. REVIER Therapeutics (Heidelberg)